varietate fortunae: Die Stelle

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Bis ich Andreas wieder sah, verging tatsächlich fast ein Jahrzehnt. Dass er nach dem Krieg in unserem Betrieb eingestellt wurde, wusste ich lange nicht. Wieso auch. Ein Grossbetrieb, ich pflegte nicht in Personaldossiers zu wühlen. Abgesehen davon hatte er offensichtlich einen anderen Tagesrhythmus als ich, so dass wir uns nicht in der Kantine trafen.

Andreas machte nicht die erwartete kometenhafte Kariere. Hatte zu viele Ecken, zu ausgeprägte Persönlichkeiten als Vorgesetzte. Blieb vor lauter Kleinkriegen und Spezialaufgaben irgendwo in der Anonymität des Mittelbaus stecken.

Ich stiess auf ihn, weil mir von meinem Vorgesetzten nahegelegt worden war, mich nach einer anderen Anstellung umzusehen und ich daher vermehrt auf Vorstellungsgespräche ging. Auf dem Weg zu einem solchen kam ich an einer Bürotür vorbei, die seinen Namen trug. Klopfte an, er war nicht da. Verschob es auf später, doch dazu kam es nicht.

Ich unterhielt mich gerade mit dem möglichen künftigen Vorgesetzten. Wir verstanden uns nicht schlecht, konnten uns ein gemeinsames Arbeiten vorstellen, schweiften in ein Plaudern über Gott und die Welt ab. Auch er war aus Vaters Verbindung, kannte vieles, auch meine Mutter, hatte sie allem Anschein nach hoch geschätzt. Betonte, wie sehr ich ihr gliche, ich habe dasselbe kastanienbraune Haar. Mutter hatte nie von ihm erzählt, aber das behielt ich für mich.

Da platzte plötzlich Andreas ins Bewerbungsgespräch hinein. Es war unverkennbar, dass er davon gewusst hatte, musterte mich von oben bis unten und stiess aus: "Soso, da suchst du also schon wieder eine Stelle. Gefällt dir wohl nirgends, was? Und das Geld vom letzten Mal, ist das eigentlich wieder aufgetaucht?" Entgeistert blickte ich ihn an, mit einer solchen Begrüssung hatte ich nicht gerechnet, die Anschuldigungen waren falsch, aber ich war zu überrascht, als dass ich etwas entgegnen konnte. Natürlich erhielt ich eine Absage.

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